Viele Bestellungen im Krankenhaus laufen immer noch an den Einkaufsabteilungen vorbei – mit weitreichenden Folgen für die gesamte Organisation. Wenn verhandelte Preise und Sonderkonditionen ungenutzt bleiben und Mengenrabatte nicht ausgeschöpft werden, kostet das Gesundheitseinrichtungen nicht nur bares Geld; der Einkauf verliert so auch seine Funktion als Kontrollinstanz. Um sicherzustellen, dass die vorab definierten Einkaufsrichtlinien eingehalten werden, sollten die Klinik-Verantwortlichen auf einen strategischen Ansatz setzen, mit dem viele Vorteile einhergehen: Guided Buying.
Wenn ich mit Einkäufern aus dem Krankenhaus-Umfeld spreche, höre ich immer wieder, dass der Versuch, außervertragliche Bestellungen zu verhindern, ein Kampf gegen Windmühlen ist. Obwohl die Rahmenbedingungen für die Beschaffungsprozesse definiert und klar kommuniziert sind, bestellen die Anforderer am Einkauf vorbei. Das mag gar nicht böswillig sein, sondern ist vielmehr der Tatsache geschuldet, dass klinische Fachkräfte oder andere Abteilungen denken, dass ihre bewährten Routinen schneller und effizienter sind – sei es der Griff zum Telefonhörer oder das Fax, das auf die Reise geschickt wird, um die Stammlieferanten direkt zu kontaktieren.
Neben dem Umstand, dass diese über Jahre gewachsenen Abläufe hochgradig ineffizient sind, gehen sie mit weiteren Nachteilen einher. Da wäre zum Beispiel die fehlende Transparenz für den Einkauf, der keine Ahnung hat, was wann von wem bestellt wurde. Kontrolle über die Ausgaben in der Beschaffung? Fehlanzeige. Darüber hinaus verursacht das wilde Einkaufsverhalten, das im Unternehmenskontext gerne als Maverick Buying bezeichnet wird, auch erhebliche Kosten. Sonderkonditionen und Mengenrabatte, die der strategische Einkauf ausgehandelt hat, bleiben ungenutzt, mit der Folge, dass nicht nur zu teuer, sondern auch alles andere als bedarfsgerecht bestellt wird.
Mit Blick auf den immer gravierenderen Kostendruck, dem Krankenhäuser ausgesetzt sind, ist es daher unerlässlich, die Beschaffungsprozesse so aufzusetzen, dass sie auch wirklich eingehalten werden. Leichter gesagt als getan? Nicht unbedingt. Denn es gibt durchaus Mittel und Wege, die Anforderer durch die richtigen Rahmenbedingungen dazu zu bringen, dass sie die vom strategischen Einkauf festgelegten Abläufe einhalten und nur Artikel aus freigegebenen Katalogen bestellen.
Was ist Guided Buying? |
Guided Buying, der geführte Einkauf, ermöglicht den Anwendern, Produkte schnell und einfach zu finden und zu bestellen. Durch eine intuitive User Experience halten sich die Anforderer automatisch an festgelegte Beschaffungsrichtlinien. Bestellungen können in diesem Fall größtenteils ohne Einbindung der Einkaufsabteilung erfolgen. |
Im Fachjargon spricht man hier vom Guided Buying, dem geführten Einkauf, der vor allem eines bringt: Klarheit. Den Anwendern sollte es nicht nur so einfach wie möglich gemacht werden, die richtigen Produkte zum richtigen Preis zu finden; sie müssen danach auch schnell und unkompliziert ihre Bestellungen aufgeben, ohne dass sie groß Rücksprache mit dem operativen Einkauf halten müssen.
Eine unkomplizierte, intelligente und lineare Einkaufserfahrung im Sinne des Guided-Buying-Ansatzes lässt sich nur über eine digitale User Experience erreichen. Bedeutet: Krankenhäuser brauchen eine Software-Lösung, die für die Anwender so einfach und intuitiv zu bedienen ist, dass sie nicht mehr telefonisch, per Fax oder über andere Kanäle bestellen, sondern alle Anfragen oder direkte Bestellungen im Einklang mit den ausgearbeiteten Einkaufsrichtlinien an einem zentralen Ort abgewickelt werden.
Sie fragen sich, wie eine entsprechende Lösung aufgesetzt sein sollte, um das Einkaufserlebnis möglichst einfach zu gestalten?
Hier sind 10 Features und Funktionen, die Ihre Anwender lieben und dafür sorgen werden, dass das Anforderungsmanagement in Ihrer Organisation maximal effizient abläuft:
1. Abbildung der Original-Kataloge Ihrer Lieferanten an einem zentralen Ort
Die Grundvoraussetzung dafür, dass die Lösung genutzt wird, dürfte auf der Hand liegen: Ihre Anwender müssen Zugriff auf alle medizinischen Produkte und Verbrauchsgüter sowie andere Artikel und Dienstleistungen erhalten, die sie benötigen. Im Idealfall bildet die Lösung die Original-Kataloge aller Lieferanten ab, die entweder aus Ihrer Materialwirtschaft oder aus einem externen Datenpool gezogen werden.
2. Darstellung von Produktinformationen für eine bessere Vergleichbarkeit
Ein weiterer Baustein im Sinne des Guided Buying-Ansatzes ist die Vergleichbarkeit von Angeboten verschiedener Lieferanten. Dabei ist es entscheidend, dass die Produktinformationen klar und verständlich dargestellt werden, sodass die wichtigsten Informationen und Attribute (Menge, Preis, Qualität etc.) schnell erfasst werden können.
3. Filter-Funktionen für eine zielgerichtete Suche
Ebenfalls zwingend erforderlich sind Filter-Funktionen, die nicht nur die Artikelsuche, sondern auch die oben beschriebene Möglichkeit, Angebote miteinander zu vergleichen, einfacher machen. Dazu gehören zum Beispiel das Filtern nach Lieferant, nach Hersteller oder nach den im Gesundheitswesen üblichen Produktinformationen wie etwa der Warengruppe oder Klassifizierungen.
4. Smart Forms als intelligente Unterstützung bei der Artikelsuche
Noch schneller wird die Suche durch den Einsatz von intelligenten Technologien, die Ihren Anwendern schon beim Eintippen der ersten Buchstaben vorschlagen, welche Artikel sie womöglich suchen. Während die semantische Suche Vorschläge nach alphabetischer Reihenfolge macht, ist die elastische Suche so programmiert, dass Ihre Anwender basierend auf einem Ranking verschiedener Indizierungen die für sie relevantesten Ergebnisse zuerst angezeigt bekommen. Der große Vorteil dabei ist, dass sich das System quasi selbst optimiert und die Vorschläge für die Anforderer mit jeder Suche besser werden.
5. Merklisten für wiederkehrende Bestellungen
Wie in anderen Branchen ist es auch in Krankenhäusern üblich, dass bestimmte medizinische Produkte oder Verbrauchsgüter regelmäßig bestellt werden. Dementsprechend ist es sinnvoll, dass diese Produkte nicht jedes Mal aufs Neue gesucht werden müssen. Um Zeit und Nerven zu sparen, sollten die Anforderer die Möglichkeit haben, oft gebrauchte Produkte in Merk- oder Favoritenlisten zu speichern, die sie idealerweise auch mit Kollegen oder anderen Fachabteilungen teilen können.
6. Zugriffsverwaltung und Kuratierung nach Fachabteilung
Die Verteilung von Zugriffsrechten für die Anwender kann das Anforderungsmanagement im Krankenhaus ebenfalls erleichtern. Einerseits behalten die strategischen Einkäufer die Kontrolle, wer befähigt ist, welche Produkte zu bestellen, anderseits spart die Zugriffsverwaltung den Anforderern wertvolle Zeit. Der Grund: Wenn der Einkauf das Sortiment für die Bedürfnisse des klinischen Personals oder anderer Fachabteilungen vorab kuratiert, bekommen die Bedarfsträger auch nur die für sie relevanten Produkte angezeigt und können diese schneller finden und bestellen.
7. Budget-Obergrenzen für Anforderer oder Kostenstellen
Die Zugriffsrechte, die in einer intelligenten Guided-Buying-Lösung nicht nur auf Ebene der Fachabteilung, sondern auch auf Basis der Kostenstelle definiert werden können, sollten auch finanzielle Rahmenbedingungen abdecken. Wollen Sie beispielweise eine Budget-Obergrenze festlegen, sollte das pro Anforderer möglich sein. Der finanzielle Rahmen kann dann etwa pro Artikel, pro Warengruppe oder für einen bestimmten Zeitraum (Woche, Monat, Quartal) abgesteckt sein.
8. Freigabe-Workflows für die Positionierung des Einkaufs als Kontrollinstanz
Die individuelle Einkaufsrichtlinien, die sich vor allem in den Zugriffsrechten und bei den Budget-Vorgaben widerspiegeln, müssen in sogenannte Freigabe-Workflows übersetzt werden. Über entsprechende Einstellungen kann festgelegt werde, welcher Kollege oder welche Kollegin welche Rolle einnimmt. Während die Bedarfsträger ihre benötigen Artikel schnell suchen und intuitiv ihrem Warenkorb hinzufügen können, um die Anforderung zu übermitteln, fungiert der operative Einkauf, der für vorab definierte Artikel oder Budgets seine Freigabe geben muss, als letzte Kontrollinstanz.
Die Freigabe-Workflows sollten maximal flexibel konfiguriert werden können. Im Gegensatz zu Durchläufer-Artikeln, die entsprechend gekennzeichnet sind und möglicherweise keine Freigabe benötigten, verhält es sich vor allem bei preisintensiven Produkten oder großen Mengen anders. Eine intelligente Regelung von Freigabe-Workflows ist nicht nur wichtig, um die Ausgaben in der Beschaffung besser kontrollieren zu können; sie ist auch nötig, um Mengenrabatte zu erhalten und den Einkauf in die Lage zu versetzen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um die Beschaffung bedarfsgerecht aufzustellen.
9. Status-Dokumentation für mehr Transparenz
Weil klinische Fachkräfte die angeforderten Artikel mitunter schnell benötigen, ist es wichtig, den Status der Anforderung jederzeit einsehen zu können. Die digitale Dokumentation, ob die eingegangene Anforderung freigegeben oder der Artikel bereits bestellt ist, erhöht die Transparenz über verschiedene Abteilungen hinweg. Das vereinfacht die Kommunikation und hat damit einen positiven Einfluss auf die operative Effizienz.
10. Mobile Apps für eine maximal effiziente User Experience
Die User Experience erreicht das höchste Level, wenn die Lösung nicht nur am Schreibtisch, sondern immer und überall genutzt werden kann. Möglich wird das durch mobile Apps, die die Fachabteilungen in die Lage versetzen, ihre Anforderungen auch im OP-Saal oder mal eben schnell im Aufzug aufzugeben, oder den Status ihrer Anforderungen zu checken – zu jeder Zeit, an jedem Ort.
Mit Blick auf den steigenden Kostendruck sind Krankenhäuser meiner Meinung nach gut beraten, den geführten Einkauf mit der richtigen Lösung zu unterstützen. Denn die Investitionen werden sich schnell auszahlen. Wenn für jeden Bedarfsträger klar ist, welche Produkte und Dienstleistungen er zu welchem Preis einkaufen kann, und der Einkauf als letzte Kontrollinstanz positioniert ist, führt das nämlich sowohl zu einer höheren Vertragskonformität als auch zu einer Optimierung der nachgelagerten Prozesse, die für Gesundheitseinrichtungen wichtig ist, um ihre operative Effizienz zu erhöhen.
Vorteile von Guided Buying im Krankenhaus |
Zeitersparnis: Weil die Vorgänge für Anforderungen, Bestellungen und Freigaben einfach und zielgerichtet sind, sparen alle eingebundenen Abteilungen Zeit und Nerven. Erhöhung der Vertragskonformität: Wenn innerhalb der definierten Einkaufsrichtlinien angefordert und bestellt wird, sinkt die Maverick-Buying-Quote, sodass Artikel und Dienstleistungen zu den verhandelten Konditionen geordert werden können. Förderung der Zusammenarbeit: Ein einfacher, klar strukturierter und maximal transparenter Beschaffungsprozess verbessert das Betriebsklima, da die Anwender schnell und unkompliziert miteinander kommunizieren können. Verbesserte Ausgabenkontrolle: Der Einkauf gewinnt wichtige Daten, die entscheidend sind, um die Rahmenbedingungen für eine wirklich bedarfsgerechte Beschaffung setzen zu können. Steigerung der operativen Effizienz: Die Einhaltung der Einkaufsrichtlinien wirkt sich positiv auf die nachgelagerten Prozesse aus, da in den Fachabteilungen – von der Station über den Wareneingang bis hin zur Rechnungsabteilung – weniger Rückfragen auftreten. |
Krankenhäuser reduzieren durch den Einsatz einer Lösung, die den geführten Einkauf unterstützt allerdings nicht nur Prozesskosten; die Verantwortlichen erhalten auch einen besseren Überblick über ihre Ausgaben, die sie besser verwalten können. Damit profitieren am Ende alle Beteiligten: Kliniken senken neben der Maverick-Buying-Quote auch ihre Ausgaben, ihre Einkäufer freuen sich über effizientere Prozesse und die Fachkräfte auf der Station gewinnen Zeit, die sie den Patienten widmen können.
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Hani Jomaa, Senior Technical Product Manager bei GHX Europe, ist ein ausgewiesener Experte rund um das Thema E-Procurement. Als Verfechter von intuitiven und benutzerfreundlichen Anwendungen entwickelt er intelligente Lösungen, die Krankenhäuser bei der digitalen Transformation ihrer Prozesse für das Anforderungsmanagement und die Bestandsverwaltung unterstützen.
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