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Touchless Order: Vorteile des kontaktlosen Bestellvorgangs im Gesundheitswesen

Montag, 8. November 2021

Touchless Order: Kontaktlose Bestellungen im Gesundheitswesen sollten sowohl für Krankenhäuser als auch Lieferanten das erklärte Ziel sein.Obwohl digitale Lösungen zu massiven Kosteneinsparungen führen, dominieren im Gesundheitswesen weiterhin manuelle Prozesse. Klassische EDI-Verbindungen lösen die Probleme nur bedingt – kontaktlose Bestellungen sind so noch lange nicht in Sicht. Um eine nahtlose elektronische Beschaffung von der Bestellung bis zur Bezahlung zu erreichen, kommen weder Krankenhäuser noch Hersteller und Lieferanten an digitalen Plattformen vorbei.

 

 


 

Deutschland hat die Digitalisierung verpennt – das behaupten schon lange nicht nur Schwarzmaler, sondern zeigen auch regelmäßig Studien. Laut einem aktuellen Report von McKinsey & Company hinkt das Gesundheitswesen besonders hinterher. Der Nachholbedarf besteht jedoch nicht nur beim Austausch zwischen Ärzten und anderen Gesundheitseinrichtungen oder in der Kommunikation mit Patienten. Es fängt schon bei den Grundlagen der Versorgung an: Die Bestellung von medizinischen Geräten und Medikamenten erfordert in 78% der Fälle ein manuelles Eingreifen – und ist folglich sehr fehleranfällig.

Ich weiß aus meinen Gesprächen mit Einkaufs- und Wirtschaftsleitern, wo die Fehlerquellen liegen. Stationsmitarbeiter füllen ausgedruckte Hitlisten immer noch handschriftlich aus und übergeben sie an den Einkauf, der die Anforderungen manuell in das Warenwirtschafts- oder das Krankenhaus-Informationssystem einpflegt. Bei der Datenflut aus Artikelnummern, Produktbezeichnungen, Verpackungsstufen, EAN oder GTINs ist es nur logisch, dass sich dabei Fehler einschleichen. Eine Ziffer ist schnell vertauscht. Bei unleserlichen Handschriften wird der Bestellvorgang mitunter zur Lotterie. Und nicht selten gehen die Anforderungen in der Hauspost verloren, sodass Stationsmitarbeiter vergeblich auf ihre Bestellungen warten.

 


 

Es gibt aber auch einige Krankenhäuser, die auf der digitalen Reise sind. Aus gutem Grund: Laut einer Deloitte-Studie sind Unternehmen, die auf digitale Lösungen setzen, nicht nur um 23% profitabler als ihre Wettbewerber, sie weisen auch ein um 43% höheres Umsatzwachstum auf. Dass 63% aller Kliniken lieber mit Herstellern mit automatisierten Echtzeitbestellungen zusammenarbeiten, zeigt zumindest das Bewusstsein für den Wettbewerbsvorteil, den digitale Lösungen bieten. Bleibt die Frage: Wenn kontaktlose Bestellvorgänge nur Vorteile bieten, warum werden sie nicht direkt von allen Krankenhäusern integriert?

Die Antwort liegt nicht direkt auf der Hand, denn der Bestellvorgang im Gesundheitswesen ist aus vier Gründen komplex:

  1. Jedes Krankenhaus hat individuelle Anforderungen
  2. Jedes Land hat unterschiedliche rechtliche Vorgaben
  3. Die Produktinformationen ändern sich öfters, aber nicht regelmäßig
  4. Die Bestellungen erfordern eine viel tiefere Datenqualität und Spezifikationen

 

Während die ersten drei Punkte keiner großen Erklärung bedürfen, lohnt ein genauerer Blick auf die Datentiefe. Denn sie sind der Schlüssel zum Erfolg, um Bestellvorgänge wirklich kontaktlos und damit effizient zu gestalten. Ganz egal, ob Hersteller oder Krankenhaus – beide Seiten sind auf bereinigte Daten angewiesen, um eine effiziente Beziehung aufzubauen. Hinzu kommen andere Spezifikationen, die die Interdependenzen im Gesundheitssystem veranschaulichen:

  • Artikelinfo: Sind die Informationen zum Artikel und zur Einheit korrekt?
  • Artikelverfügbarkeit: Sind die Artikel im Zentrallager oder beim Hersteller vorrätig?
  • Artikelpreis: Sind die Preise korrekt? Spiegeln sie verhandelte Konditionen wider?
  • Compliance: Entspricht die Bestellung den einschlägigen Vorschriften?
  • Krankenhausspezifikationen: Sind spezifische Anpassungen erforderlich, um Inhalte im ERP-System abzubilden?
  • Artikelanwendung: Sind die richtigen Artikel für den vorgesehenen Einsatz ausgewählt
  • worden?
  • Art der Bestellung: Ist der Inhalt für die Bestellungsart korrekt? (Standardauftrag, Konsignation, Dauerauftrag, Rahmenauftrag, Leihkits, Eilauftrag)
  • Datenschutz: Müssen Patienteninformationen geschwärzt oder weggelassen werden?
  • Herstellerspezifikationen: Ist ein spezielles Routing für die Bestellung oder für Teile davon erforderlich?
  • Richtiger Standort: Ist der Empfänger und die Umrechnung korrekt?

 

Diese Komplexität führt dazu, dass nicht nur manuelle Bestellvorgänge ineffizient sind, auch EDI-Verbindungen können Fehler nur selten verhindern. Das ernüchternde Ergebnis unserer Datenanalyse zeigt: Nur 20% der Bestellungen über generische EDI-Verbindungen sind wirklich kontaktlos. In vier von fünf Fällen wenden sich Krankenhäuser, Hersteller oder Lieferant an einen der Akteure, um Licht ins Dunkeln zu bringen oder die Bestellung nachträglich zu korrigieren. Zu den betriebswirtschaftlichen Schäden kommt eine mangelnde Patientenversorgung, schließlich verbringen Stationsmitarbeiter unnötig viel Zeit mit halb-analogen Bestellprozessen.  

 


 

Es ist daher längst überfällig, den digitalen Wandel im Gesundheitswesen anzugehen. Mit Blick auf die schlechte Qualität der Stammdaten, die übrigens die häufigste Ursache für fehlerhafte Interaktionen im Gesundheitswesen sind, kommen Krankenhäuser, Hersteller und Lieferanten an digitalen Plattformen nicht mehr vorbei. Der große Vorteil: Durch eine intelligente Automatisierung werden Procure-to-Pay- und Order-to-Cash-Prozesse immer validiert oder notfalls korrigiert – für jede Auftragsart, für jeden Kanal, zu jeder Zeit.

 

 

Es geht dabei nicht mehr nur um Verarbeitung von Transaktionen. Langfristig werden durch den friktionslosen Handel starke und dauerhafte Beziehungen aufgebaut. Kontinuierliche kuratierte Produktdaten, tiefgehende Profilinformationen zu jedem Hersteller und Krankenhaus sowie die Berücksichtigung länderübergreifender Vorschriften helfen den Akteuren, ihre Prozesse zu digitalisieren und somit effizienter zu gestalten. Und Stationsmitarbeiter können sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren: die Versorgung der Patienten.

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Dr. Christoph Luz

Geschäftsführer